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Unterschrift unter dem Zeugnis – Anforderungen

Arbeitszeugnis mit Unterschrift

Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 27.07.2016, 4 Ta 118/16

Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die Unterschrift des Arbeitgebers unter einem Arbeitszeugnis zu leisten ist, damit von einer ordnungsgemäßen Zeugniserteilung ausgegangen werden kann.

Zugrunde lag der Entscheidung die Situation, dass der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis zunächst nicht mit seiner üblichen Unterschrift, sondern in einer Art Kinderschrift unterzeichnet hatte.

Später unterschrieb der Arbeitgeber dann ein neues Zeugnis. Die Unterschrift kreuzte aber in einem Winkel von ca. 30 Grad von links oben nach rechts unten den unter den Zeugnistext maschinenschriftlich eingesetzten Firmennamen sowie nach zwei Leerzeilen die Namenswiedergabe nebst Zusatz „Geschäftsführung“. Hiermit war der Arbeitnehmer nicht einverstanden.

Das Landesarbeitsgericht akzeptierte beide „Unterschriften“ des Arbeitgebers nicht.

Hinsichtlich der „Unterschrift in Kinderschrift“ verneinte das Landesarbeitsgericht bereits das Vorliegen einer Unterschrift.

Es führte zunächst allgemein zu den Anforderungen an die Unterschrift folgendes aus:

„Für die zur Wahrung der gesetzlichen Schriftform erforderliche eigenhändige Unterschrift, wie sie für Arbeitszeugnisse § 109 Abs. 1 Satz 1GewO i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB vorschreibt, ist ein die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug erforderlich, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die eine Nachahmung erschweren (BAG, Urteil vom 06. Juni 2012 – 2 AZR 585/11 = NJW 2013, 2219 ff.). Die Unterschrift soll die Identität des Ausstellers erkennbar und die Echtheit der Urkunde gewährleisten und beweisbar machen (Zuordnungsfunktion) (Staudinger/Hertel (2012), BGB § 126 Rn. 125; MüKoBGB/Einsele, 7. Aufl. 2015, § 126 BGB Rn. 10). Sobald die Schriftzeichen für Dritte unbekannt oder unverständlich sind, ist die Unterschrift als Handzeichen zu werten (Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl. 1999, § 126 Rn. 16). Ob ein Schriftzeichen eine Unterschrift darstellt, ist nach dem äußeren Erscheinungsbild zu beurteilen. Der Wille des Unterzeichnenden ist nur insoweit von Bedeutung, als er in dem Schriftzug seinen Ausdruck gefunden hat (BGH, Urteil vom 22.10.1993 – V ZR 112/92 = NJW 1994, 55). Die Unterzeichnung muss in der Weise erfolgen, wie der Unterzeichner im Übrigen wichtige betriebliche Dokumente unterschreibt; er darf im Zeugnis keine Unterzeichnung wählen, die hiervon abweicht (Schleßmann, Das Arbeitszeugnis, 21. Aufl. 2015, Rn. 483).“

Sodann stellte es hinsichtlich der Unterschrift in Kinderschrift des Arbeitgebers fest:

„Gemessen daran ist das fragliche Arbeitszeugnis nicht mit einer Unterschrift des Geschäftsführers der Schuldnerin im Rechtssinne versehen. Dies gilt auch dann, wenn man den Vortrag der Schuldnerin zugrunde legt und annimmt, der Schriftzug stamme tatsächlich von ihrem Geschäftsführer und unterscheide sich nur deshalb von der sonst üblichen Unterschrift, weil ihn daran zum Zeitpunkt der Aufbringung des Namenszugs ein Schlüsselbeinbruch gehindert habe. Der Namenszug auf dem Arbeitszeugnis weicht jedenfalls unstreitig von der sonstigen Art und Weise der Unterschriftsleistung ab. Damit lässt sich nicht mehr eindeutig die Identität des Unterzeichners feststellen. Die im Interesse des Schutzes im Rechtsverkehr notwendige Echtheitsvermutung steht damit in Frage. Nach seinem äußeren Erscheinungsbild liegt daher ein sog. Handzeichen vor (zur Abgrenzung: OLG Hamm, Beschluss vom 15.05.2001 – 15 W 21/01 = DB 2001, 2037f.). Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitszeugnis mit einem Handzeichen statt einer Unterschrift abgeschlossen werden darf. Jedenfalls erfordert das Handzeichen nach § 126 Abs. 1 BGB eine notarielle Beglaubigung bzw. nach § 129 Abs. 2 BGB eine notarielle Beurkundung, an der es hier fehlt.“

Hinsichtlich der zweiten Unterschrift, die in einem Winkel von ca. 30 Grad von links oben nach rechts unten den unter den Zeugnistext maschinenschriftlich eingesetzten Firmennamen sowie nach zwei Leerzeilen die Namenswiedergabe nebst Zusatz „Geschäftsführung“ kreuzte, führte das Landesarbeitsgericht folgendes aus:

„Das Zeugnis darf nach § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen (vgl. ArbG Kiel, Urteil vom 18.04.2013 – 5 Ca 80b/13 = LAGE § 630 BGB 2002 Nr. 7 zum „Smiley“ mit heruntergezogenem Mundwinkel). Eine Unterzeichnung ist daher unwirksam, wenn sie von der allgemein üblichen Gestaltung signifikant abweicht (Schleßmann a.a.O.). Beim Leser des Arbeitszeugnisses dürfen keine Zweifel über die Ernsthaftigkeit des Zeugnistextes aufkommen (LAG Nürnberg, Beschluss vom 29.07.2005 – 4 Ta 153/05 = DB 2005, 2476).“

„Die insoweit darlegungsbelastete Schuldnerin behauptet selbst nicht, dass ihr Geschäftsführer sonst auf Urkunden diagonal unterschreibt. Eine derartige Form der Unterschriftsleistung ist im Rechtsverkehr völlig unüblich. Ein Zeugnisleser wird dies auf den ersten Blick feststellen und sich veranlasst sehen, sich über den Grund einer derartigen Unterschriftsleistung Gedanken zu machen. Die von der Gläubigerin befürchtete Möglichkeit, dass dies als eine Distanzierung vom Zeugnistext verstanden wird, ist dabei naheliegend. Jedenfalls begründet diese Art der Unterschrift erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Zeugnistextes und entwertet diesen vollständig. Die fragliche Unterschrift verstößt somit gegen § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO, wobei nach Auffassung der Kammer im Interesse des Rechtsverkehrs nicht auf die subjektive Zwecksetzung des Unterzeichners, sondern allein auf den objektivierten Eindruck eines durchschnittlichen Zeugnislesers abgestellt werden muss. Es ist daher nicht erforderlich, der Schuldnerin nachzuweisen, dass sie mit der Art der Unterschriftsleistung tatsächlich den Zweck verfolgt hat, das der Gläubigerin erteilte Arbeitszeugnis zu entwerten.“

Die Entscheidung veranschaulicht, dass bei der Erteilung eines Arbeitszeugnisses und bei der Überprüfung des Arbeitszeugnisses durch den Arbeitnehmer oder seinen Berater auf jedes Detail zu achten ist. Auch vermeintliche Nebensächlichkeiten wie die exakte Position der Unterschrift können geeignet sein, den an sich positiven Eindruck eines Zeugnistextes zu entwerten.

Den Beschluss können Sie hier im Volltext nachlesen.

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